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Carlson: „Weil wir diesen Sport lieben“

2.7.2025

Am heutigen Mittwoch startet die Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz. Island spielt am ersten Tag gegen Finnland (18 Uhr, ARD überträgt), Gastgeber Schweiz empfängt Norwegen mit FC-Torhüterin Aurora Mikalsen (21 Uhr). FC-Cheftrainerin Britta Carlson wurde 2005 mit Deutschland Europameisterin. Im Interview spricht sie über diese Zeit, steigendes Interesse am Frauen-Fußball und Verbesserungspotenzial.

Britta, wie groß ist die Vorfreude auf die EM und was erhoffst Du Dir für die Sichtbarkeit des Frauenfußballs?

Britta Carlson: „Die ist sehr groß. Ich freue mich riesig auf die EM, ich durfte ja auch sechs Jahre lang Teil der deutschen Nationalmannschaft sein. Ich freue mich, dass die letzten Ergebnisse so positiv waren, sich ein toller Teamspirit entwickelt hat und dass fast alle Tickets der Spiele weg sind. Man merkt, dass alle darauf hinfiebern, dass es losgeht. Ich werde am Freitag auch beim Spiel Deutschland gegen Polen sein. Wir haben ja mit Adriana Achcinska, Martyna Wiankowska, Sylwia Matysik und Aurora Mikalsen insgesamt vier Spielerinnen bei der EM. Es wird bestimmt ein tolles Turnier.“

Du hast früher selbst in der Nationalmannschaft gespielt. Wie hast Du die Entwicklung des Frauenfußballs in den vergangenen Jahren wahrgenommen?

„Mit großer Freude. 2022 war die EM ein Meilenstein, mit der Leidenschaft, mit der da gespielt wurde. Die vergangenen Jahre haben alle Vereine noch mal mehr investiert, die Berichterstattung in den Medien ist größer geworden. Das ist ein wichtiger Kreislauf, ohne Sichtbarkeit ist Investition schwierig und ohne Investition ist die Sichtbarkeit schwer. Deswegen freuen wir uns, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Es geht sicherlich noch mehr, aber mittlerweile wird jedes Bundesligaspiel übertragen, in vielen Ländern geht es voran, der Frauenfußball wird überall gefördert. Die UEFA und die FIFA wertschätzen den Frauenfußball. Das sind Entwicklungen, die vor 20 Jahren, als ich gespielt habe, nicht so zu erwarten waren.“

Wie beurteilst Du das Interesse und die Bedeutung der medialen Berichterstattung?

„Es interessiert die Menschen auf jeden Fall. Deswegen ist es so wichtig, dass man die Spiele auch sehen kann. Ohne diese Möglichkeit ist es schwer, das Interesse zu steigern. Aber das ist ja bei allen Frauensportarten der Fall und kein Fußballproblem. Teilweise wird der Frauenfußball noch hinten angestellt. Da wünscht man sich natürlich, dass noch mehr gezeigt wird. Wenn man sieht, wie viele Menschen ins Stadion kommen, auch zu den Highlightspielen in die großen Stadien oder zum Pokalfinale in Köln, zeigt das, wie groß das Interesse ist. Das hat nicht mehr nur Eventcharakter, sondern die Fans schauen sich die Spiele gerne an.“

Wo gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten?

„Wir müssen die Professionalisierung auf allen Ebenen weiter vorantreiben. Es geht in die richtige Richtung, aber es haben noch nicht alle Vereine die gleichen Rahmenbedingungen, dass man überall top professionell betreut wird. Es ist wichtig, dass wir eine gute Sichtbarkeit bei den Spielen haben durch gute Kamerapositionen und eine entsprechende Vor- und Nachberichterstattung. Wir müssen mehr weibliche Vorbilder kreieren. Auf dem Platz, aber auch in den Trainerpositionen gab es früher keine oder kaum Vorbilder. Ich glaube, es ist zudem ganz wichtig, dass alle Spielerinnen zu einhundert Prozent ihren Job ausüben können, auch wenn ich eine Befürworterin bin, dass Spielerinnen nebenbei freiwillig noch ihre Zeit nutzen, um etwas anderes zu machen, da der Fußball ja auch mal schnell wegbrechen kann. Dann ist man nicht in der Fußball-Bubble gefangen, hat noch mal ein anderes Umfeld. Das kann auch für das Mindset extrem wichtig sein.“

Ist für Dich Equal Pay ein Thema?

„Nein. Wir können nicht erwarten, dass wir das Gleiche verdienen wie die Männer, wenn nicht so viel Geld eingenommen wird. Es geht ja auch immer um Angebot und Nachfrage. Wir haben bei den Gehältern bereits wichtige Schritte in die richtige Richtung gemacht. Ich habe mein erstes Bundesligaspiel 1996 gemacht, da war Papa an der Kasse und Mama hat Kuchen verkauft. Da war mit der heutigen Entwicklung des Frauenfußballs noch gar nicht zu rechnen. Man hat nur für seinen Traum gespielt. Wir haben alle angefangen Fußball zu spielen, nicht um Geld zu verdienen, sondern einfach, weil wir diesen Sport lieben. Wenn das jetzt wie heute auch noch wertgeschätzt wird – schöner geht es ja kaum.“