Beierlorzer: "Hätte Zeit gerne erfolgreicher gestaltet"
Es sind besondere Tage für den SSV Jahn Regensburg. Am Dienstagabend war mit dem VfB Stuttgart ein Bundesligist zu Gast im Jahnstadion Regensburg, am Sonntag gastiert der 1. FC Köln bei den Oberpfälzern. Geschäftsführer Sport des Jahn ist seit eineinhalb Jahren der ehemalige FC-Trainer Achim Beierlorzer. Zwischen den Spielen nahm er sich Zeit für ein Gespräch.
Achim, Ihr habt das Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart mit 0:3 verloren. Wie gehst Du denn persönlich mit Niederlagen um?
Achim Beierlorzer: Ich kann nach Niederlagen dann schlechter schlafen, wenn unsere Leistung unerwartet nicht gut genug war und wir keine Chance hatten. Solche Spiele hatten wir in dieser Saison bereits, wie zum Beispiel die Partie in Paderborn. Stuttgart war am Dienstag nun ein Gegner mit sehr großer individueller Qualität, gegen den es schwer ist anzukommen. Grundsätzlich versuchen wir nach Niederlagen konstruktiv miteinander umzugehen, bei uns zu bleiben und uns auch von Querfeuern von außen nicht beeinflussen zu lassen.
Hat sich Dein Umgang verändert, seit Du statt als Trainer als Geschäftsführer tätig bist?
Es ist tatsächlich eine etwas distanziertere Position, aus der man die Situationen bewertet. Als Trainer ist man rund um ein Spiel von vielen Einflussfaktoren getrieben und ist aktiv involviert. In meiner neuen Funktion kann ich nicht direkt eingreifen, dadurch ist die emotionale Ebene eine andere.
Was hat Dich vor eineinhalb Jahren dazu bewogen, die Rolle zu tauschen?
Diesen Gedanken gab es schon vorher einmal, als mich ein Club gefragt hatte, ob ich mir Trainer und Manager in Personalunion vorstellen könnte. Als mich der Jahn kontaktiert hat, habe ich schnell wieder Gefallen daran gefunden. In manche Prozesse wie zum Beispiel die Kaderplanung ist man ohnehin auch als Trainer bereits involviert. Zum Zeitpunkt der ersten Gespräche war der Jahn noch in der 2. Bundesliga und mit Mersad Selimbegovic noch ein Trainer im Amt, den ich als meinen früheren Co-Trainer sehr gut kannte. Das konnte ich mir deshalb sehr gut vorstellen. Letztlich waren die Bedingungen andere, als ich ins Amt gekommen bin. Trotzdem habe ich es gemacht, weil ich auch als Mensch so gestrickt bin, gerne neue Erfahrungen zu sammeln. Auch die 3. Liga und die damals vorherrschenden Bedingungen waren für mich sehr reizvoll.
Hättest Du Dir bei Deinem Amtsantritt vorstellen können, dass gleich im ersten Jahr der Wiederaufstieg gelingt?
Nein.
Warum nicht?
Bei meinem Start hatten hier fünf Spieler noch einen Vertrag für die neue Saison, darunter drei Spieler, denen wir zugetraut hatten, in der 3. Liga sofort helfen zu können. Das Zusammenstellen der Mannschaft hat bei mir am Anfang auch für schlaflose Nächte gesorgt. Dennoch haben wir es hinbekommen. Was mir von Beginn an sehr gut gefallen hat, waren die Mentalität und die Charaktere in unserer neuen Mannschaft.
Die vergangene Saison lief mit dem Aufstieg äußerst erfolgreich, diese Saison tut sich der Jahn bislang schwer. Wie hart war für Dich vor allem die Zeit, als Du mit Joe Enochs den Trainer tauschen musstest – gerade aufgrund Deiner eigenen Trainer-Vergangenheit?
Es war brutal schwer. Ich wollte diesen Wechsel nie machen und hatte mir immer vorgenommen, so intensiv mit einem Trainer zusammenzuarbeiten, dass wir auch aus solchen Krisen gemeinsam wieder rauskommen. Ich bin ohnehin kein Freund davon, alles immer vom Trainer abhängig zu machen, denn am Ende stehen die Spieler auf dem Platz. Ich war mit Joes Arbeit auch zufrieden. Wenn man das Ziel Klassenerhalt hat, ist auch klar, dass man schwierige Phasen und immer wieder Rückschläge hat. Wir hatten im Sommer einen Kader, der größtenteils für die 3. Liga zusammengestellt war und wir konnten nur punktuell nachlegen. Die Qualität ist vorhanden, aber die Entwicklung und das Zusammenwachsen des gesamten Teams braucht Zeit. Deshalb war uns bewusst, dass es eine herausfordernde Aufgabe ist, in der hochklassigen 2. Bundesliga zu bestehen. Dann kam das 3:8 in Nürnberg. Wir haben uns danach ganz offen ausgetauscht und gemeinsam festgestellt, dass es schwer wird, in gleicher Konstellation den Umschwung zu schaffen.
Wie stehst Du denn allgemein dazu, dass im Fußball immer sehr schnell Köpfe gefordert werden?
Wenn man sich entschließt, in diesem Fußballbusiness zu arbeiten, dann muss man diese Realität akzeptieren. Aber meine persönliche Meinung ist klar: Ich finde das nicht gut. Ich möchte das grundsätzlich auch anders gestalten und deshalb war es auch so frustrierend für mich, dass wir in der Gesamtgemengelage mit Joe zu dem Entschluss gekommen sind, dass es schwierig geworden wäre, weiterzumachen.
Mit Andreas Patz habt Ihr den Co- zum Cheftrainer befördert. Warum?
Was mich an Andi von Anfang an begeistert hat, ist sein toller Charakter. Er vermittelt den Spielern ganz klar, was er sehen und was er nicht sehen möchte. Ich habe bei ihm immer gemerkt, dass er im Zuge der Fußballlehrerausbildung alles aufsaugt, sich breit informiert, aber auch klar hinter unserer Philosophie steht. Er ist kommunikativ und hat es schnell geschafft, die Mannschaft zu stabilisieren.
Was stimmt Dich positiv, dass Ihr diese Saison das Ziel Klassenerhalt noch schaffen könnt?
Zunächst die Ausgangslage, denn die Distanz zu den anderen Teams ist nicht so weit. Wir müssen jetzt weiter arbeiten und weiter punkten. Die Tendenz der letzten Spiele ging in die richtige Richtung. Auch gegen Stuttgart waren wir in großen Teilen stabil und waren aggressiv im Spiel nach vorne.
Erst Stuttgart, nun der FC. Kann man von Fußballfesttagen in Regensburg sprechen?
Absolut. Es war am Dienstag ein toller Abend, in einem ausverkauften Stadion gegen einen Champions-League-Teilnehmer zu spielen. Auch unsere Fans haben mich mit einer tollen Choreographie begeistert. Es war ein absolutes Fußballfest und wird am Sonntag sicherlich genauso, wenn mit dem FC der nächste große Verein kommt.
Ist es für Dich aufgrund Deiner FC-Vergangenheit ein ganz besonderes Spiel?
Na klar. Es ist immer besonders, wenn du gegen einen Ex-Club spielst. Dazu kommt, dass mit Christian Keller beim FC ein Geschäftsführer Sport tätig ist, mit dem mich zwei tolle Jahre hier in Regensburg verbinden.
Was hat Dich 2019 dazu bewogen, den Schritt aus Regensburg nach Köln zu gehen?
Es war eine große Ehre, dass der 1. FC Köln bei mir angefragt hat. Zu dem Zeitpunkt war auch schon klar, dass sie in die Bundesliga aufsteigen, was ein zusätzlicher Reiz war. Als wir in Hennef unsere Fußballlehrerausbildung gemacht haben, waren wir öfter in Köln und haben uns Spiele des FC angeschaut, ich durfte auch mit dem Jahn gegen Köln spielen. Da merkst du, was für ein großer Club das ist.
Du hast, als Dein Wechsel im Grunde schon feststand, mit dem Jahn noch in Köln gespielt…
Das war tatsächlich sehr speziell. Es war noch nichts unterschrieben, aber es hatte schon Gespräche gegeben. Man fokussiert sich natürlich trotzdem voll auf die Aufgabe. Der FC war bereits aufgestiegen und hatte eine sehr große Qualität im Team. Wir waren schon gesichert und konnten befreit aufspielen. Dann wurde es ein überragendes Spiel, das wir 5:3 gewinnen konnten. Köln hat es nicht geschadet, dort wurde einfach weitergefeiert und wir haben uns über die drei Punkte auch sehr gefreut. Mit dem bevorstehenden Wechsel im Hinterkopf habe ich die Stimmung noch mehr aufgesogen.
Wie blickst Du auf die folgende kurze Zeit beim FC zurück?
Da sind wir wieder beim Fußballbusiness: Am Ende haben wir einfach zu wenige Punkte geholt. Es hat mir dennoch sehr viel Spaß gemacht in Köln zu arbeiten. Wir hatten ein schweres Auftaktprogramm, dann noch ein bisschen Pech mit dem Videoschiedsrichter. Es lief vieles unglücklich. Aber ich war keiner, der die Schuld woanders gesucht hat. Ich hätte die Zeit einfach gerne erfolgreicher gestaltet. Ich war traurig, als es zu Ende ging, weil ich es gerne noch länger gemacht hätte.
Was für ein Spiel erwartest Du nun am Sonntag?
Der FC hat viel Qualität und eine hohe Intensität im Spiel. Und dennoch bin ich überzeugt, dass du in der 2. Bundesliga gegen jeden Gegner deine Chance hast. Klar ist, dass wir es sehr, sehr gut machen müssen, wenn wir zu Hause gegen Köln etwas holen möchten. Ich erwarte ein intensives Spiel. Es gibt in jedem Spiel Momente, die der eine nutzt und der andere nicht. Das ist unsere Aufgabe am Sonntag: Momente kreieren und nutzen.
Der Jahn hat die letzten drei Spiele gegen den FC gewonnen. Wird das vor dem Spiel noch einmal Thema, um den Spieler zu zeigen, dass man als Regensburg gegen Köln erfolgreich sein kann?
Nein, denn die Zeiten sind einfach andere. Wir haben genauso wie der FC eine komplett andere Mannschaft. Die Siege stammen aus einer Zeit, als wir stabil in der 2. Bundesliga standen. Nun sind wir gerade wieder aufgestiegen und müssen diese Stabilität erst wieder erreichen.