FC trauert um Coskun Tas
Er kam 1959 von Besiktas Istanbul nach Köln und ging als erster türkischer Spieler in die FC-Historie ein. Mit den Geißböcken wurde der Nationalspieler 1960 Deutscher Vizemeister und zweimal Westdeutscher Meister. Am gestrigen Montag, den 11. November 2024, ist Coskun Tas im Alter von 90 Jahren verstorben.
Nationalspieler und WM-Teilnehmer
Geboren und aufgewachsen in Aydin, war Aydinspor seine erste Vereinsstation im Fußball, wo er schnell den Sprung in die erste Mannschaft schaffte. Bei einem Turnier in Bursa von Besiktas Istanbul entdeckt, zog es ihn 1951 in die Millionenmetropole, wo er zugleich Betriebswirtschaftslehre studierte. Bei Besiktas auf praktisch allen Offensivpositionen eingesetzt, gelang dem Offensivspezialisten schon 1952 der Sprung in die türkische A-Nationalmannschaft, mit der er an der WM 1954 in der Schweiz teilnahm. Kurios: anlässlich eines FIFA-Jugendturniers in Brüssel ließ man 1953 auf Anordnung des Trainers sein Geburtsdatum in den Papieren um ein Jahr nach vorne verschieben - von 1934 auf 1935 - so dass Coskun Tas problemlos an jenem Turnier teilnehmen konnte. Dies hatte zur Folge, dass er zeitlebens in allen offiziellen Dokumenten und Quellen ein Jahr jünger war.
Mit einem Koffer und 17 D-Mark zum FC
Der Wunsch nach einer neuen Herausforderung führte ihn 1959 nach Köln: „Ich wollte etwas Neues machen, eine andere Sprache lernen, ein anderes Land und dessen Kultur erleben. Ich kannte einen Sportjournalisten, der sehr gute Kontakte zum damaligen „Kicker“-Herausgeber Dr. Friedebert Becker hatte. Becker wiederum brachte meinen Namen bei Franz Kremer ins Spiel und eines Tages erhielt ich einen Brief von ihm, verbunden mit einer Einladung nach Köln“, erinnerte sich Coskun Tas an seine ersten Kontakte zum FC. Per Schiff reiste er nach Venedig und von dort aus per Eisenbahn nach Köln. „Mit einem kleinen Koffer in der Hand und 17 D-Mark in der Tasche stand ich am 4. Juni 1959 am Kölner Hauptbahnhof. Ich konnte nur ein paar Worte Deutsch. Bei einem öffentlichen Telefon suchte ich im Telefonbuch die Nummer des 1. FC Köln und wurde mit Franz Kremer verbunden. „Hier Türke Tas“, sagte ich und Kremer wusste zuerst nicht, wer da anrief. „Wer sind sie?“, fragte er ungläubig. „Hier Coskun“, erwiderte ich. Schließlich war es Kremers Ehefrau Liselotte, die mich unweit des Bahnhofs abholte. Wir fuhren erst zu Franz Kremers Privathaus und dann zum Geißbockheim, wo ich am nächsten Tag ein Probetraining absolvierte und wenige Tage später unter Vertrag genommen wurde“, beschrieb er seine Anfangstage in Köln. Die Integration in die fast ausschließlich mit Spielern aus dem Rheinland besetzte Mannschaft funktionierte erstaunlich gut, auch wenn Coskun Tas einige Zeit benötigte, um sich an die neue Spielweise und die anderen, härteren Trainingsmethoden zu gewöhnen und die Zurufe der Mitspieler zu verstehen. Coskun Tas, dem der FC eine Arbeitsstelle im „Kaufhof“ vermittelte, war der 18. nach dem zweiten Weltkrieg in Köln lebende Türke, Konsulatsangehörige mitgerechnet.
Große Enttäuschung vor dem Endspiel um die „Deutsche“
Beim FC avancierte er auf der Linksaußenposition zum Leistungsträger, bildete mit Helmut Rahn ein gefährliches Flügelduo und leistete mit sieben Pflichtspieltoren einen nicht unerheblichen Beitrag dazu, dass der 1. FC Köln erstmals in seiner Vereinsgeschichte das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft erreichte. Das Finale gegen den Hamburger SV fand am 25. Juni 1960 im Frankfurter Waldstadion statt. Der FC logierte in der Landessportschule unweit des Stadions, wo Coskun Tas wenige Stunden vor dem großen Spiel die größte sportliche Enttäuschung seines Lebens erlebte. Trainer Oswald Pfau eröffnete ihm, dass er im Finale nicht eingesetzt und stattdessen der junge Karl-Heinz Thielen auf Linksaußen spielen sollte. „Das war eine unermesslich große Enttäuschung für mich, mit der ich nicht gerechnet hatte“, so Coskun Tas, der später erfuhr, dass angeblich ein Gremium um Boss Franz Kremer, Trainer Pfau und Obmann Heinz Neubauer beschlossen hatte, das Endspiel ausschließlich mit deutschen Spielern zu bestreiten. Zudem war der erst kurz zuvor genesene Georg Stollenwerk aufgestellt worden. Später räumte auch Stollenwerk ein, dass es ein Fehler war, Tas nicht zu berücksichtigen. Die „Hitzeschlacht von Frankfurt“ verlor der FC mit 2:3. Ein Jahr später verließ Tas den FC, spielte noch beim Bonner FV und war anschließend als Trainer im Amateurbereich tätig. Längst hatte der ausgebildete Fußballlehrer auch seine berufliche Laufbahn vorangetrieben und arbeitete als Systemanalytiker für die Kölner Ford-Werke in verantwortungsvoller Position.
Mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen gewürdigt
Seiner Wahlheimat Köln hielt er zeitlebens ebenso die Treue, wie seiner türkischen Heimat und auch über das Geschehen beim FC war Coskun Tas stets gut informiert. Mit Ehefrau Gerda lebte der Vater eines Sohnes in Köln-Longerich. Für seine langjährige, ehrenamtliche Tätigkeit beim Fußballkreis Köln und insbesondere für seine Verdienste um Integration im Fußball erhielt Coskun Tas 2013 den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Der 1. FC Köln wird Coskun Tas stets ein ehrendes Andenken bewahren!
Coskun Hikmet Tas
Geboren: 23.04.1935 in Aydin/Türkei (laut offiziellem Personalausweis), 23.04.1934 in Aydin/Türkei (laut eigenen Angaben, siehe Text)
Verstorben: 11.11.2024
Spielposition: Angriff
Spitznamen: „Co“ (in der Türkei), „Jo“, „Jojo“ (beim FC)
FC-Trikotnummern: 11, 10, 8, 9
FC-Pflichtspiele: 28
Tore: 8
FC-Freundschaftsspiele: 8 Tore: 0
Total: 36 Spiele, 8 Tore
Erfolge beim 1. FC Köln
Deutscher Vizemeister 1960
Westdeutscher Meister 1960, 1961
Westdeutscher Vizepokalsieger 1960
Laufbahn als Spieler
7/1949-5/1951 Aydinspor 1923 (Türkei)
6/1951-5/1959 Besiktas Istanbul (Türkei)
6/1959-6/1961 1. FC Köln
7/1961-6/1962 Bonner FV
Erfolge
Türkischer Meister 1957, 1958
4 A-Länderspiele/0 Tore für die Türkei (1952-1954)
2 B-Länderspiele/1 Tor für die Türkei
5 Militärländerspiele für die Türkei
4 Juniorenländerspiele für die Türkei
WM-Teilnehmer 1954 (Schweiz)
Laufbahn als Trainer
7/1962-6/1964 FC Ford 52 (Spielertrainer und Trainer)
7/1966-1/1967 CfB Ford Niehl 09/52
7/1967-6/1969 SC Viktoria 04 Köln (2. Mannschaft)
7/1969-6/1970 TuS Lindlar 1925
7/1971-9/1971 SC Viktoria 04 Köln
1/1972-6/1973 TuS Lindlar 1925
01.07.1977-27.08.1978 VfL Gummersbach