Leistner: „Eine spezielle Zeit"
Von Januar bis Juni 2020 hat Toni Leistner für den 1. FC Köln gespielt. Am Mittwochabend kehrt er mit Hertha BSC im Pokal-Achtelfinale (18 Uhr) an seine alte Wirkungsstätte zurück. Darüber und wie man als Ex-Unioner Kapitän der Hertha wird, spricht Leistner im Interview.
Am Mittwochabend steht das Pokalspiel im RheinEnergieSTADION an. Wie besonders wird das Spiel für Dich, Toni?
Toni Leistner: Das wird extrem besonders sein. Ich hatte eine schöne Zeit in Köln und habe immer noch viele Freunde dort. Deswegen freue ich mich schon sehr auf das Spiel.
Du hast nur ein halbes Jahr für den FC gespielt. Woher kommt dennoch diese enge Bindung?
Es war eine spezielle Zeit. Wir waren zu Beginn meiner Zeit erfolgreich. Dann kam Corona. In dieser Zeit haben sich dann einige Freundschaften intensiviert – natürlich immer mit Abstand. Vielleicht war es auch so intensiv, weil es so kurz war.
Wie hast Du denn die Situation des FC wahrgenommen, als Du in der Winterpause der Saison 2019/20 gekommen bist?
Als die Anfrage des FC kam, war ich extrem stolz und habe sofort zugesagt. Am Anfang steckten wir voll im Abstiegskampf, haben uns aber gut rausgekämpft. Ohne Corona wäre es, glaube ich, nicht so eine Zitterpartie bis zum Ende geworden.
Was hat die Mannschaft zu dieser Zeit ausgemacht?
Dass wir, auch wenn es einmal einen Rückschlag gab, dennoch positiv geblieben sind und an das nächste Spiel gedacht haben. Das hat uns als Mannschaft stark gemacht. Wir waren eine Einheit, auch mit den absolut positiv verrückten Fans natürlich (lacht).
Wie schade war es für Dich, dass die Zeit nach einem halben Jahr schon wieder zu Ende ging?
Sehr schade natürlich. Ich bin mit der Vorstellung nach Köln gekommen, dass es ein längeres Engagement werden könnte. Aber dann kam wie gesagt Corona, keiner konnte wirklich planen, Leihspieler kamen wieder zurück. Wir haben uns dann nach kurzer Zeit darauf verständigt, dass es nicht weitergeht. Weil es eine klare Ansage und kein Rumgeeiere war, konnte ich damit dann auch gut leben.
Sind Dir Momente besonders in Erinnerung geblieben?
Mein erstes Heimspiel im RheinEnergieSTADION natürlich. Wir haben 3:0 gegen Schalke gewonnen. Das war sicherlich mit der schönste Moment und ein Highlight.
Wie verfolgst Du den FC heute aus der Distanz?
Während meiner Zeit in Belgien hat meine Frau mit den Kindern in Köln gewohnt und ich habe mir zwei, drei Spiele live im Stadion angesehen. Auch heute verfolge ich es natürlich noch, seit dieser Saison noch intensiver, weil der FC nun ein direkter Konkurrent in der Liga ist.
Du kennst die 2. Bundesliga aus vielen Saisons bestens. Würdest Du sagen, dass der FC als Absteiger inzwischen in der Liga voll angekommen ist?
Auf jeden Fall. Sie hatten zuletzt eine Serie von drei 1:0-Siegen. Das ist sicherlich nicht immer schön, aber erfolgreich. Das ist genau das, was du in dieser Liga brauchst. Im Nachhinein fragt keiner danach, wie du deine Punkte geholt hast.
Einer dieser angesprochenen 1:0-Siege war auswärts bei Euch im Olympiastadion. Wie blickst Du auf dieses Spiel zurück?
Wir hatten davor unter der Woche das Pokalspiel gegen Heidenheim, das uns vor allem läuferisch extrem viel abverlangt hatte. Aber das soll keine Ausrede sein. Wir haben einfach keinen guten Tag erwischt und haben nicht viel auf den Platz bekommen. Aber das Schöne im Fußball ist, dass man alles relativ schnell wieder geraderücken kann. Und jetzt haben wir die Chance mit dem Spiel am Mittwoch, dass wir uns revanchieren können.
Diese Revanche-Gedanken sind also schon ein Thema bei Euch in der Kabine?
In der Kabine noch nicht unbedingt. Aber ich habe WhatsApp-Gruppen mit Freunden, in denen auch ein gewisser Trash Talk vor so einem Spiel dazugehört (lacht). Am Ende sind in beiden Teams lauter professionelle Sportler, die einfach den Platz am Mittwoch als Sieger verlassen wollen.
Du bist nun in Deiner zweiten Saison bei Hertha. Wie gefällt es Dir in der Hauptstadt?
Sehr gut. Ich wurde anfangs nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen aufgrund meiner Vergangenheit. Aber durch Leistung und Einsatz habe ich gezeigt, dass man auf mich setzen kann. Auch die Fans haben gesehen, dass ich mich für meine Farben reinhaue, egal für welchen Club – und dann hat sich das Blatt komplett gewendet. Auch als Familie fühlen wir uns in Berlin sehr wohl und wollen hier nun auch sesshaft werden.
Du hast den schwierigen Start angesprochen, der mit Deiner Vergangenheit bei Union Berlin zusammenhängt. Was muss man alles richtig machen, um die Hertha nun sogar als Kapitän auf den Platz führen zu dürfen?
Nachdem uns Marco Richter verlassen hatte, musste sich der Trainer bereits in der vergangenen Saison auf einen neuen Kapitän festlegen. Gerade meinen Einsatz im Spiel gegen Hamburg, als ich mir die Nase gebrochen und trotzdem weitergespielt hatte, haben mir die Fans und der Trainer zu Gute gehalten. Ich bin einer, der nie zurückzieht und vorangeht. Es macht mich extrem stolz, Kapitän von so einem großen Verein zu sein.